Die Sonne verabschiedete sich gerade mit einem
orangefarbenen Streifen am Himmel, während ich, seit langem mal wieder, Enno Bunger lauschte. Es liefen noch tausend andere Lieder. Ich war bedächtig, allein und
unentwegt damit beschäftigt, an gewisse Personen zu denken.
Melancholie beherrschte mich bis Dresden. Es war mittlerweile schon dunkel geworden, die Lichter der Stadt erhellten meine Augen. Sie funkelten wie
Sterne. Meine Aufregung war auch
nicht mehr zu stoppen. Ich quatschte die ganze Zeit von Enno.
Das
Gebäude war ziemlich abgewrackt, aber hatte auch irgendwie seinen Anreiz. Eben
eine richtige Scheune. Papa zeigte die Eintrittskarten und schließlich suchten
wir uns Sitzplätze. Gähnende Leere im Raum. Die erste Reihe war frei. Ich ergriff meine Chance und setzte mich natürlich promt auf den besten Platz im ganzen Saal, direkt vor seinem Klavier und mit Blick über die
ganze Bühne. Besser konnte es doch gar nicht laufen. Wir waren schon eine
Stunde früher da. Der Saal füllte sich nur langsam. Ich erfreute mich an der Bühne. Sie war wie ein
Wohnzimmer eingerichtet (Typisch Tv-Noir), ganz vorne stand ein alter
Fernseher, auf dem Tv-Noir stand und der ganze Podest war mit Instrumenten
aller Art gefüllt: 3 Keyboards, 1 Klavier, Akkordeon, Gitarre, Schlagzeug und
gewisse andere Trommeln bzw. Rasseln. Irgendwann betraten sie endlich die Bühne. 4
Leute: Enno, Onno, Matze und Charlotte. Enno Bunger begann. Abspann. Sein einziges
Wort davor war „Moin!“ gewesen. Er berührte mich vom
ersten Ton an. Enno sang so schön, so sauber und perfekt. Dann war Me And My Drummer an der
Reihe. Man eh, Charlotte hatte echt eine geile Stimme. Sie ging richtig ab und rockte mit Matze die Bühne. Man
merkte total, wie sie ihre Lieder lebte. Matze war auch echt cool drauf. Er sah
aus wie Matthias Schweighöfer und konnte richtig genial
Schlagzeug spielen. Ich liebte es jedes Mal, wenn der
Boden und die Bühne vor meinen Augen vibrierten. Dann Sprang der Staub auf und
ab und der Bass bestimmte meinen Herzschlag. In solchen Momenten versinke ich.
Manchmal vermisste ich eine Melodie, jene war bei Charlottes
Liedern teilweise vollkommen ausgelassen worden, aber doch hatte es irgendwie
etwas eigenes, ganz besonderes. Und wieder war Enno an der Reihe. Er spielte
diesmal mit Onno. Man, war der niedlich. Er stand die ganze Zeit dumm rum und
guckte ins Publikum. Der Gute zupfte ein bisschen an seiner Gitarre rum, hatte also
im Grunde gar nichts groß zutun und kam mir etwas verwirrt rüber, weil er manchmal
komisch guckte.
Me And My
Drummer spielte wieder, aber leider weiß ich gar nichts mehr groß davon, weil
ich einfach keinen Bezug zu der Band hatte, schließlich hörte ich sie an dem
Abend das erste Mal. Aber es klang gut! Ich mochte die Trommeln und alles drum
herum.
Mit dem Fotografieren klappte es nicht so ganz. Es war viel zu dunkel
und verboten war es eh, also gingen wir kein größeres Risiko ein. Am meisten
berührten mich Ennos letzte Lieder. Er erinnerte mich schrecklich doll an alte
Zeiten zurück. Ich liebte es, wie er von seiner Jugend in Ostfriesland
erzählte. Wieder quatschte er über den Hochzeitsmarsch, den er zur Trauerfeier
spielte und über seine Abende in den Bars, als er dort Klavier spielte. So ein
sympathischer Mensch. Wir lachten oft über seine Witze, über das was er sagte,
weil es vollkommen normal, echt und unbeschwert auf uns wirkte.
Das Publikum war begeistert. Von beiden Acts. Ich jedoch,
der gute alte Ennofan, ließ mich nicht ganz von Me And My Drummer überzeugen. Viel
lieber versank ich dann im vermeintlich letzten Lied an diesem Abend: Regen.
Ohh, wie er Klavier spielte, wie Onno ihn begleitete, wie Matze das Schlagzeug
betätigte…Meine Gedanken versanken, Augen voller Wasser und leere Blicke in den
Raum. Da hatte er mich wieder erwischt, der gute alte Schmerz. Ich dachte an
alte Zeiten. Einen Moment lang.
Es
folgte die Zugabe „Ich will noch bleiben, die Nacht ist noch Jung“ als
Akkordeonversion. Nur Enno und Onno. Oh, wie wir über die beiden lachten. Sie
passten voll gut zusammen. Dann verließen sie die Bühne. Ohne weder ihn, noch Onno ein letztes Mal gesehen zu haben,
verließen wir also die Scheune und machten uns zurück auf den Weg zum Auto. Die
Rückfahrt war von seinen Liedern geprägt, bis meinem Handy der Akku ausging.
Ich träumte in die Nacht,...
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