30.06.2012

Phantasie



Es ist Sommer, verdammt warmer Sommer. Die Schweißtropfen verteilen sich über seinem ganzen Körper, denn er läuft durch die pralle Sonne. Das vertrocknete Gras am Wegesrand scheint fast abgestorben zu sein. Er nimmt seine Wasserflasche und verteilt das nasse Gut über den ganzen umliegenden Boden. Er selbst bekommt nichts ab, was er auch nicht will, denn sein Ziel hat er schon fast erreicht. Am Horizont erkennt er das gelbe Schild seines Lieblingsortes. Nun schleicht sich ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht, die Vorfreude steigt. Durch die Musik, die nebenbei läuft, scheint er zu fliegen. Ihm ist gar nicht mehr warm, zumindest spürt er die Hitze nicht. Die ersten Häuser tauchen auf. Er rennt zum großen Gerstenfeld, denn am Rand wachsen Kornblumen, Schafgabe und andere bunte Pflanzen. Er pflückt viele davon, bis er keine weitere Blume mehr halten kann. Dann geht er weiter, mit diesem großen Strauß. 
Die Sonne steht im Zenit, scheint ihn zu erdrücken, so viel Wärme gibt sie ab, aber es stört ihn nicht. Er geht die Straße hinab, nur mit einem Ziel vor den Augen. Irgendwann bleibt er stehen, vor einem kleinen Haus mit Vorgarten, in dem viele bunte Blumen wachsen. Durch ein Fenster sieht er sein Mädchen, das ihn schon erwartet. Er, völlig durchgeschwitzt, versteckt den großen Strauß hinter dem Rücken, welcher schon relativ ausgetrocknet ist. Sein Schatz öffnet ihm die Tür. Küsse, tausend Küsse und sie krallt sich an ihm fest, umarmt ihn, lässt ihn lange nicht mehr los. Es ist, als hätten sie sich jahrelang nicht gesehen. Das Mädchen nimmt lächelnd die vielen Blumen entgegen und holt eine Vase, die sie mit kühlem Wasser füllt und in welche sie den Strauß legt. 
Sie küsst nun wieder ihren Freund und fragt ihn, was sie an diesem Tag unternehmen wollen. Ihm ist es egal, er sagt ihr, er wäre mit allem zufrieden, Hauptsache, sein Schatz ist bei ihm. Sie holt ihm Wasser aus dem Keller, natürlich welches aus der Glasflasche. Er schätzt ihre Genauigkeit sehr. Die beiden ziehen sich Badesachen an und gehen raus in die Hitze zum Pool. Das Mädchen schubst ihren Freund in das kalte Wasser, er spritzt sie dafür ab. Die Tropfen auf ihrer Haut vermehren sich und schließlich springt sie auch ins Wasser. Küsse über und unter dem kühlen Nass, bis sie stoppen müssen, um atmen zu können. 
Die Zeit verfliegt, langsam bewegt sich die Sonne über den blauen Himmel in Richtung Westen. Er sucht sich einen langen Grashalm und streicht mit diesem über die Haut seiner Freundin. Lachend schlägt sie um sich, versucht ihn von sich fern zu halten, aber er umklammert sie, gibt ihr wieder Küsse. Den beiden wird es zu warm, sie gehen in das Haus, sehen das weiße Klavier im Wohnzimmer stehen und ohne nur ein Wort miteinander zu sprechen, sind sie sich einig, was sie als nächstes machen wollen. Er spielt für seine Freundin viele unbekannte Lieder, die ihr das Herz berührend. Sie liegt auf dem Boden, träumend, verliebt wie noch nie. Später muss sie für ihn spielen. Er umarmt sie von hinten und schaut ihr auf die Hände und achtet darauf, wie sich die einfachen Bewegungen in wunderschöne Melodien verwandeln. Pure Leidenschaft, beiderseits. 
Der Junge bekommt Hunger und die beiden bereiten sich ein prächtiges Abendbrot vor, welches sie im Garten, auf der Picknikdecke sitzend, verspeisen. Später legen sie sich hin, schauen gemeinsam in den Himmel und beobachten das Schauspiel. Er färbt sich von einem blau in ein weiß, dann zu einem gelb, bis hin zu einem tiefen Orange. Die Sonne verschwindet hinter Nachbars’ Haus und die blaue Stunde beginnt. Sie reden über Gott und die Welt, alles was ihnen gefällt und was sie bedrückt. Nichts ist mehr geheim. Am Himmel tauchen die Sterne auf. Sie suchen den hellsten, denn dieser gehört nur ihnen. Der Vollmond strahlt hell in die warme Nacht und die Glühwürmchen beginnen, zu fliegen. Ein riesiges Lichtermeer verteilt sich über dem Paar. Sie liegen auf der Decke, Arm in Arm, bis sie gemeinsam einschlafen…



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